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Fliegender Teppich als Zeitmaschine
Backnanger Kreiszeitung
Von einer ganz neuen Seite zeigten sich die Theaterleiterinnen Jasmin Meindl und Juliane Putzmann im ausverkauften Bandhaus-Theater. Vor einem Jahr haben sie die Spielstätte übernommen. Jetzt standen sie zum ersten Mal mit dem Zwei-Personen-Stück Wohin ihr wollt selbst auf der Bühne.
BACKNANG. Autobiografisches, Bekanntes und neu Erfundenes ist in dem Stück in Episoden vereint. Gemeinsam mit dem Regisseur Franz Burkhard, der als Dramaturg am Theater Vorpommern in Greifswald arbeitet, haben Jasmin Meindl und Juliane Putzmann das Stück entwickelt, das auf ganz vielseitige Art Einblicke in die Welt des Theaters und auch in ihr eigenes Leben gibt.
Umzugskartons sind auf der Bühne aufgestapelt. Ein Erzähler spricht vom Band über das Leben der Kunstfiguren Jester und Christiane. Die eine in Regensburg geboren, die andere in der DDR zur Welt gekommen und als 2-Jährige ins Allgäu übergesiedelt, lernten sie sich in Ulm kennen. Unvermittelt fällt das Licht auf die Frauen, die sich in einem Café treffen und auf ihr Leben zurückblicken. Gestenreich und lautstark schnattern sie mit einem Temperament, dass im Publikum die ersten Lacher nicht ausbleiben. So hat man die Theaterbetreiberinnen noch nie gesehen.
Kurze Filme über ihre Jugend werden eingeblendet, die wiederum für Lacher sorgen. Da ist Jasmin Meindl alias Jester in Feuerwehr-Montur zu sehen, die ein Löschfahrzeug erklimmt. Juliane Putzmann als Christiane betätigt sich im Müllmann-Outfit auf dem Werkstoffhof. Bei der Backnanger Feuerwehr und auf dem Bauhof wurden die Szenen gedreht, die auf tatsächliche, ehrenamtliche Tätigkeiten der beiden in deren Jugend verweisen.
Mit einer Zeitmaschine, bestehend aus einem fliegenden Teppich, geht es auf eine Reise durch das Leben der Theater-Macherinnen. Auf der Leinwand wird der wilde Flug eingespielt. Wirr fliegen die Haare, dramatisch werden die Darstellerinnen durchgeschüttelt. Mithilfe eines Ventilators habe man die Szene gedreht, verrät Juliane Putzmann nach der Vorstellung.
Auf einen Ausflug in die Hochschule für experimentelle Schauspielkunst nach Biberach geht es zu einem äußerst amüsanten Einblick in die Sprechausbildung. Das Körpertraining, das nicht ganz glücken will, führt schließlich zum Streit und gipfelt in einer handfesten Schlägerei, bei der deutlich wird, dass in den beiden ausgebildeten Theaterpädagoginnen auch bemerkenswerte schauspielerische Talente stecken. Zwischenapplaus gibt es, wenn sie Andrea Bergs Hit Du hast mich tausendmal belogen als aggressives Streitgespräch aufführen. Selbst eine Szene aus Goethes Faust I verwandeln sie in eine Nummer zum Lachen, nämlich wenn Gretchen es dem Regisseur partout nicht recht machen kann.
Die Zeitreise führt in das Jahr 2013, als die beiden das Bandhaus-Theater in Backnang eröffnen. Stress ist angesagt. Eine Szene verweist auf die Eröffnung, als eine Gruppe von Schauspielern durch Backnang zog, und sich in Slow-Motion bewegte. Dass es bei dieser Aktion in Strömen goss, stellt Meindl in Regenkutte dar, wobei sie von Putzmann mit einem Wassersprüher berieselt wird. Aber man nimmt es mit Humor. Im Singing in the Rain wird eingespielt.
Vom Meisterstück Karl Valentins Fremd ist der Fremde nur in der Fremde über Shakespeares Was ihr wollt führen die Szenen. Bei einer berührenden, autobiografischen Geschichte zum Tod ihrer Großmutter, ergreifend vorgetragen von Jasmin Meindl, wird es mucksmäuschenstill im Gewölbekeller. Doch mit dieser Stimmung lassen die beiden ihr Publikum nicht gehen...
Nur positive Resonanzen hörte man nach der Vorstellung. Jetzt, nach einem Jahr, lernt man die beiden wirklich kennen, war der Kommentar eines Besuchers. Weitere Vorstellungen gibt es am 17. Mai und 7. Juni, jeweils um 20 Uhr.
Aus: Backnanger Kreiszeitung vom 6.5.2014. Von Ingrid Knack.