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Kontrastreiche Inszenierung
Backnanger Kreiszeitung
Play Luther mit Lukas Ullrich und Till Florian Beyerbach im Bandhaus-Theater
Das Leben und Wirken Martin Luthers war Thema einer modernen Inszenierung im Bandhaus-Theater. Von der Angst vor Gottes Strafgericht, über Klänge, die an Rammstein erinnern, bis hin zu Edward Snowden führte die Reise im Stück Play Luther.
BACKNANG. Mit einem Dialog über die Unterschiede zwischen der katholischen und der evangelischen Kirche beginnen die Schauspieler Lukas Ullrich aus Stuttgart und Till Florian Beyerbach aus Göppingen das Zwei-Mann-Stück und geben Einblicke in das Leben Luthers, der 1483 in Eisleben geboren wurde. Von Angst sei sein Leben geprägt gewesen, vor der Strafe Gottes, dem eigenen Versagen und den strengen Erziehungsmethoden seines Vaters. In Szenen werden Episoden aus dem Leben gespielt, der eigentlich Luder hieß und sich umbenannte, wie das Publikum erfährt. Peitschenhiebe knallen, als es sich um eine entwendete Nuss dreht. Leidend zuckt Till Florian Beyerbach als junger Luther unter den imaginären Schlägen zusammen. Mal schlüpft er in die Rolle des Reformators, mal Lukas Ullrich.
Zwischen den Szenen gibt es musikalische Einlagen. Die originalen Liedtexte aus der Feder von Martin Luther werden von den beiden Schauspielern am E-Piano und Schlagzeug begleitet und ins Jetzt geholt. Da kommt Ein feste Burg ist unser Gott als Elektropop daher, Vom Himmel hoch, da komm ich her wird verjazzt, und Aus tiefer Not klingt wie ein bayerisches Volkslied. Hämmernd und dröhnend, an die Musik von Rammstein erinnernd, schmettern sie die Zeilen: Erhalt uns Herr, bei deinem Wort, und steuer des Papst und Türken Mord.... Nein, das ist keine neue Erfindung. Der Text ist fast 500 Jahre alt.
Auch die Szene, in der Luther während eines Gewitters in Todesangst beschließt, Mönch zu werden, darf in dem Stück von Uwe Hoppe nicht fehlen. Bedrohlich ist die Stimmung, Blitze zucken. Bläulich sind die Augen der beiden Schauspieler unter Kapuzen angestrahlt, die Luthers Verzweiflung ausdrucksstark in Szene setzen.
Aus einem Holzgestell, bestehend aus ineinander greifenden Dreiecken, besteht das Bühnenbild. Auf die Dreifaltigkeit sollen die Formen verweisen. Mal dient es als Klostermauer, an der Luther seine Bußübungen verrichtet, mal als Beichtstuhl, wenn er durch die Öffnung zum Pfarrer spricht. Dann wieder werden Einzelteile einfach als Rahmen für den Sprecher benutzt. Mit zusätzlichen Dreiecken wird die runde Form des Gestells während des Stückes immer weiter zu einer geodätischen Kuppel aufgebaut.
Nicht nur ernst und dramatisch wird das religiöse Thema bearbeitet. Beim Turmerlebnis gibt es Lacher im Publikum, nämlich, wenn es um die psychosomatische Darmträgheit des Reformators geht, die auf sein ständiges Fasten zurückzuführen sei. Seine zentrale Erkenntnis bekommt Luther in der Szene bei heftigen Leibesanstrengungen auf dem Klo, die mit anschaulichem Minenspiel von beiden Schauspielern dargestellt werden.
Vom Ablasshandel werden Abstecher zu Kapitalermächtigungen in die Gegenwart gemacht. Thesen würde man heute wohl nicht mehr an der Schlosskirche anschlagen, sondern in den sozialen Netzwerken posten, führt das Stück in unsere Zeit. Und die Frage wird gestellt: Ist Edward Snowden der Luther der Neuzeit Selbst Parallelen zu Gudrun Ensslin, Angela Merkel oder Hermann Hesse werden im Stück gezogen, wenn es um das Heiraten von Pfarrern geht, und die Kinder, die aus den Ehen hervorgegangen sind. Sechs Kinder hatte Luther mit seiner Frau Katharina, einer entsprungenen Nonne. Mit hoher, verzerrter Stimme und Küchenschürze wird sie von Lukas Ullrich dargestellt, als Frau, die auf das Einhalten der ehelichen Pflichten pocht. Luthers Lied Sie ist mir lieb erklingt im Kuschelrock-Stil.
Gerade die extremen Kontraste machen die Besonderheit des Stückes aus, das aufgrund der positiven Resonanz am 2. Oktober nochmals im Bandhaus-Theater aufgeführt wird.